Die Ukraine hat mit Verweis auf die russische Besatzung einen Teil des Gas-Transits in Richtung Europa gestoppt. Die Folgen für die Versorgung in Europa und Deutschland waren zunächst unklar.
Nach Darstellung das Bundeswirtschaftsministeriums drohen Deutschland derzeit aber keine Engpässe. «Die Versorgungssicherheit in Deutschland ist aktuell weiter gewährleistet», sagte eine Sprecherin am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.
Der russische Staatskonzern Gazprom bestätigte am Vormittag, dass am Mittwoch nur 72 Millionen Kubikmeter Gas durch die Ukraine in Richtung Westen fließen sollen. Am Vortag habe das Auftragsvolumen noch bei 95,8 Millionen Kubikmetern gelegen. Wie aus Daten des ukrainischen Netzbetreibers OGTSU hervorging, wurden für die Station Sochraniwka im östlichen Gebiet Luhansk für Mittwoch keine Aufträge mehr angenommen. Der Betrieb könne dort kriegsbedingt nicht mehr kontrolliert werden, hieß es zur Begründung in Kiew.
Die Ukrainer deuteten an, dass Russen den Betrieb von Sochraniwka sowie den der Verdichterstation Nowopskow zuletzt gestört hätten. Der Betreiber berief sich beim Teilstopp des Transits durch die Sojus-Pipeline auf einen Fall «höherer Gewalt». Russlands Energieriese Gazprom hielt dagegen, man habe «keinerlei Bestätigungen über Umstände höherer Gewalt» erhalten. Die Ukrainer hätten in den vergangenen Wochen ganz «ungestört» in Sochraniwka gearbeitet.
Die nun wegfallenden Lieferungen stattdessen direkt an den Punkt Sudscha, der auf russischem Gebiet in Grenznähe zur Ukraine liegt, durchzuleiten, sei technisch nicht möglich, hieß es am Dienstagabend aus dem Moskauer Konzern. Ob eine Kompensierung über andere Routen möglich ist, wurde zunächst offen gelassen. Gazprom betonte erneut, alle seine Verpflichtungen gegenüber europäischen Kunden zu erfüllen.
Russland hat vor zweieinhalb Monaten einen Angriffskrieg gegen das Nachbarland Ukraine begonnen. Besonders in der Ostukraine gibt es schwere Kämpfe. Am Dienstag erklärte das russische Militär dann, gemeinsam mit prorussischen Separatisten bis an die Verwaltungsgrenzen des Gebiets Luhansk vorgedrungen zu sein.
Hauptroute für russisches Gas ist Nord Stream 1
Ukrainischen Angaben zufolge können nun bis zu 32,6 Millionen Kubikmeter Gas pro Tag wegfallen – das sei fast ein Drittel der täglich über die Ukraine nach Europa transportierbaren Höchstmenge, hieß es. Diese liegt bei 109 Millionen Kubikmetern pro Tag. Die Ukraine bezieht aus dem Transit des russischen Gases wichtige Durchleitungsgebühren. Die Hauptroute für russisches Gas nach Europa ist allerdings die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1.
Ungeachtet des teilweise gestoppten Transits durch die Ukraine hat Russland seine Rolle als sicherer Gas-Lieferant für Europa betont. «Russland hat immer zuverlässig seine vertraglichen Verpflichtungen erfüllt und hat weiter vor, sie zu erfüllen», sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Mittwoch der Agentur Interfax zufolge in Moskau. Keine klare Antwort gab er auf die Frage, ob Russland nun alternative Transitrouten erwäge, um die wegfallende Menge zu kompensieren.
Stattdessen verwies der Kremlsprecher auf eine Mitteilung des Staatskonzerns Gazprom, der zufolge eine Umleitung zumindest über den Punkt Sudscha, der sich auf russischem Gebiet befindet, technisch nicht möglich sei.
Im Bundeswirtschaftsministerium hieß es weiter, «wir beobachten die Lage genau». Erwartet wurde ein Lagebericht der Bundesnetzagentur. Der Vorstand des Branchenverbandes Zukunft Gas, Timm Kehler, sagte auf Anfrage: «Wir haben die Ankündigung der ukrainischen Seite und die Antwort von Gazprom zur Kenntnis genommen.» Jetzt müsse erst einmal beobachtet werden, «wie sich die Lastflüsse wirklich entwickeln. Erst dann können wir mögliche Auswirkungen abschätzen».
In der nun anstehenden wärmeren Jahreszeit wird Deutschland weniger Gas verbrauchen. Allerdings müssen die Speicher für den kommenden Winter aufgefüllt werden. Ein neues Gesetz sieht Mindestfüllmengen zu bestimmten Stichtagen vor: Am 1. Oktober eines Jahres 80 Prozent, am 1. November 90 Prozent und am 1. Februar 40 Prozent.
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