Auch der neu aufgesetzte Bebauungsplan für das seit 2020 Strom liefernde Steinkohlekraftwerk Datteln 4 ist unwirksam. Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen kippte am Donnerstag den Plan, den die Stadt Datteln nach einem Urteil von 2009 neu aufgesetzt hatte.
Zur Begründung führte der 10. Senat aus, dass die Wahl des Standortes nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprochen habe. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Das OVG lässt keine Revision zu. Gegen diese Entscheidung ist aber Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig möglich (Az.: 10 D 106/14, 10 D 40/15 und 10 D 43/15).
Bei der Planung sieht das Gericht schwere Fehler bei der Wahl des Standortes. «Der Rat der Stadt Datteln hat bei seiner Abwägung die auf der Ebene der Regionalplanung erfolgte fehlerhafte Standortauswahl übernommen», sagte das Gericht zur Begründung. Bei einer Änderung des Gebietsentwicklungsplans für den Regierungsbezirk Münster sind nach Überzeugung des Gerichts Vorschriften bei der Umweltvorsorge verletzt worden.
Alternativen ignoriert
So seien Standortalternativen von vornherein nicht geprüft worden. Auch seien Alternativen bei der Art des Kraftwerks, etwa Gas, nicht berücksichtigt worden. Der Suchraum sei fälschlicherweise auf den Bereich Emscher-Lippe begrenzt worden. «Es ging offensichtlich darum, den Standort Datteln nicht zu gefährden», sagte der Vorsitzende Richter Detlev Klein Altstedde bereits in der mündlichen Verhandlung.
Kläger waren die Nachbarstadt Waltrop, die Umweltschutzorganisation BUND sowie vier Privatpersonen. Das Oberverwaltungsgericht hatte den ursprünglichen Bebauungsplan 2009 für unwirksam erklärt, weil er nicht mit der Landesplanung im Einklang stand.
Das Kraftwerk Datteln 4 des Betreibers Uniper darf dennoch weiterbetrieben werden. Grundlage ist eine Genehmigung aus dem Jahr 2017. Gegen diese Genehmigung laufen Klageverfahren vor dem 8. Senat des OVG. Welche Folge das Urteil zum Bebauungsplan für die Genehmigung hat, entscheidet das Gericht zu einem späteren Zeitpunkt.
«Was nicht passt, wird passend gemacht»
«Die Stadt Datteln, Uniper und das Land NRW sind in ihrem Versuch, den falschen aber bereits bebauten Standort nachträglich zu begründen, immer nach dem Prinzip „was nicht passt, wird passend gemacht“ vorgegangen», sagte der stellvertretende BUND-Landesvorsitzende Thomas Krämerkämper nach dem Urteil laut Mitteilung. Dem hätten die Richter heute einen Riegel vorgeschoben.
Rechtsanwalt Dirk Teßmer vom BUND sagte: «Der 8. Senat hatte bereits 2012 entschieden, dass eine Betriebsgenehmigung ohne Bebauungsplan rechtswidrig ist. Damit ist die Bezirksregierung Münster jetzt gefordert, dem Kraftwerk die Betriebserlaubnis von Amts wegen zu entziehen.»
Ein Uniper-Sprecher teilte mit: «Wir nehmen das Urteil des OVG NRW, das noch nicht rechtskräftig ist, zur Kenntnis, aber teilen die Sicht des Gerichts ausdrücklich nicht.» Das Unternehmen werde die Urteilsbegründung analysieren und die Einlegung von Rechtsmitteln prüfen. «Klar ist aber: Das Gericht hat heute nicht über die Stilllegung von Datteln 4 entschieden, sondern über formale Aspekte des Planungsrechts», sagte ein Sprecher nach dem Urteil.
Uniper gehe weiterhin von der Rechtmäßigkeit der für das Kraftwerk erteilten Genehmigung aus, sagte der Sprecher.
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