21. November 2024

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Verfahren beendet: Deutschland entgeht Millionenstrafe

Ein seit Jahren andauernder Streit um nitratbelastetes Wasser zwischen Brüssel und Berlin ist beigelegt. Jetzt ist die EU-Kommission zu einem Ergebnis gekommen.

Deutschland entgeht im Streit über nitratbelastetes Wasser einer Millionenstrafe der EU. Wie die EU-Kommission am Donnerstag mitteilte, stellte sie ein entsprechendes Verfahren gegen die Bundesrepublik ein.

Von Bund und Ländern erlassene Regeln entsprächen nun EU-Recht und würden der Notwendigkeit gerecht werden, die hohe Nitratbelastung der Gewässer anzugehen. Nitrate stammen meist aus Düngern der Landwirtschaft. Ein Übermaß schadet der Umwelt und birgt Gesundheitsrisiken für Menschen.

Im Fall einer Verurteilung hätte Deutschland laut Bundesregierung eine Strafe von mindestens 17,25 Millionen Euro und ein Zwangsgeld bis zu 1,1 Millionen Euro täglich gedroht. Die genaue Strafhöhe wird vom Europäischen Gerichtshof festgelegt. Dabei kann das tägliche Zwangsgeld den Druck erhöhen, dass ein Land schnell wieder im Einklang mit EU-Recht handelt.

Der Streit über die Belastung durch Dünger läuft seit Jahren. Der EuGH hatte Deutschland bereits 2018 wegen der Verletzung von EU-Recht verurteilt, weil die Regierung über Jahre zu wenig gegen Nitrate im Grundwasser unternommen hatte.

Probleme mit Nitrat

Nitrat ist wichtig für das Pflanzenwachstum. Doch wenn zu viel gedüngt wird, sammeln sich Rückstände im Grundwasser sowie in Bächen, Flüssen und im Meer an. Aus Nitrat entsteht durch chemische Prozesse Nitrit, das für Menschen schädlich sein kann.

Bei der Trinkwasseraufbereitung muss Nitrat teils umständlich herausgefiltert werden, um die Grenzwerte einzuhalten. Bereits 2020 traten nach zähen Verhandlungen strengere Düngeregeln in Kraft. Die EU-Kommission kritisierte diese aber Mitte 2021.

Auch die 2020 in Kraft getretene Düngeverordnung komme möglicherweise dem EuGH-Urteil nicht nach, schrieb EU-Umweltkommissar Virginijus Sinkevicius an die damalige Bundesumweltministerin Svenja Schulze und Ex-Bundesagrarministerin Julia Klöckner. Der EU-Kommissar bemängelte unter anderem, dass Gebiete mit hoher Nitratbelastung im Grundwasser und schädlicher Nährstoff-Anreicherung in Deutschland nicht korrekt ausgewiesen gewesen seien.

Nun hat Deutschland offensichtlich genug getan: Es gebe längere Sperrfristen, in denen gar nicht gedüngt werden dürfe, ein Düngeverbot für gefrorenen Boden sowie strengere Regeln zur Düngung von geneigten Flächen, teilte die Kommission mit. «Diese Regeln werden die negativen Auswirkungen auf Boden und Wasserressourcen verringern.»

Positive Reaktionen

Die Bundesregierung begrüßte das Ende des Verfahrens. Agrarminister Cem Özdemir sagte: «Dass wir die hohen Strafzahlungen abwenden konnten, ist ein großer Erfolg, zu dem viele beigetragen haben.» Nach Jahren der Unsicherheit für Landwirte würden die Düngeregeln nun zukunftsfest gemacht, was auch Anerkennung in Brüssel finde. Umweltministerin Steffi Lemke sprach von einem sehr langen Weg mit schwierigen Verhandlungen.

Özdemir sagte, es sei «ein Etappenziel», das Brüssel gesteckt habe, und nicht das Ende. Das Bundeskabinett hatte am Mittwoch weitere geplante Änderungen der Düngeregeln auf den Weg gebracht.

Auch der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) bezeichnete die Einstellung des Verfahrens als Etappenziel. Vizepräsident Karsten Specht betonte: «Nur mit einer signifikanten Reduktion der Nitrateinträge kann es gelingen, unsere Trinkwasserressourcen auch langfristig zu schützen.»

Bund und Länder müssten alle versprochenen Maßnahmen rasch und umfassend umsetzen. Der VKU vertritt mehr als 1500 kommunalwirtschaftliche Unternehmen unter anderem aus dem Bereich der Wasserversorgung.

Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft sieht bei den Umsetzungen der Bundesländer noch Nachbesserungsbedarf. Unter anderem brauche es mehr Messstellen.

Dass das Verfahren eingestellt wird, bezeichnete der Deutsche Bauernverband als überfällig. Nun sei es möglich, zu geordneten Verfahren zurückzukehren, «weil die EU-Kommission nicht mehr auf Zuruf Änderungen in der Düngeverordnung durchdrücken kann.»

Von Marek Majewsky, dpa