Der hessische Heizungsbauer Viessmann verkauft seine Klimasparte einschließlich der lukrativen Wärmepumpen an den US-Konkurrenten Carrier Global. Dieser bezifferte den Preis auf 12 Milliarden Euro, von denen der Großteil in bar und 20 Prozent als Aktienpaket an die verbleibende Viessmann-Gruppe gehen sollen. Diese wird damit nach eigenen Angaben einer der größten Anteilseigner des US-Konzerns. Das Geschäft soll bis zum Ende des Jahres abgeschlossen sein. Der Kaufpreis entspreche dem 13-fachen des für 2023 erwarteten operativen Gewinns (Ebitda), teilte Carrier in der Nacht auf Mittwoch mit.
Beide Seiten hätten sich auf langfristige Garantien geeinigt, teilte Viessmann mit. So seien betriebsbedingte Kündigungen für drei Jahre ausgeschlossen, wichtige Standorte für fünf Jahre gesichert und Allendorf an der Eder für zehn Jahre als Hauptsitz gesetzt. An die Mitarbeiter der Sparte sollen 106 Millionen Euro als Sonderprämie «für 106 Erfolgsjahre» ausgeschüttet werden. Mit der Mitteilung wurde am späten Dienstagabend zur Gewissheit, was mehrere Medien bereits über den Tag aus informierten Kreisen berichtet hatten.
Feuersicherheit und Kältegeräte werden gestrichen
Carrier-Chef David Gittin bezeichnete die Akquisition als «spielverändernde Gelegenheit». Die Viessmann-Klimasparte mit 11.000 Teammitgliedern sei entscheidend für die europäische Energiewende. Das US-Unternehmen betonte auch den Marktzugang über 75.000 Installateure in 25 Ländern, die Viessmann-Produkte in die Haushalte bringen könnten. Der europäische Wärmepumpen-Markt werden sich bis 2027 auf rund 15 Milliarden US-Dollar verdreifachen. Carrier kündigte gleichzeitig an, sich von anderen Aktivitäten wie Feuersicherheit und Kältegeräten verabschieden zu wollen.
Der Geschäftsbereich Klimalösungen machte bei dem Familienunternehmen aus Nordhessen zuletzt einen Großteil des Umsatzes aus, der für 2022 auf den Rekordwert von rund 4 Milliarden Euro angestiegen war. Das 1917 aus einer Schlosserei gegründete Unternehmen gehört zu den bekanntesten deutschen Heizungsbauern und zählte bislang zu den Gewinnern der Klimawende insbesondere im Gebäudebereich. Es beschäftigt weltweit etwa 14.500 Mitarbeiter.
Treiber für das starke Wachstum der vergangenen Jahre waren die Wärmepumpen, die nach politischen Vorgaben in den Gebäuden schnell Gas- und Ölheizungen ablösen sollen. Viessmann hatte im Mai 2022 Investitionen von rund einer Milliarde Euro in diesem Bereich bekanntgegeben. Unter anderem wird gerade eine Fabrik in Polen gebaut.
Carrier erfand einst die moderne Klimaanlage
Das Unternehmen Carrier aus dem US-Staat Florida gilt als Erfinder der modernen Klimaanlage und wurde 1902 gegründet. Der Konzern beschäftigt 52.000 Menschen und erlöste im vergangenen Jahr 20,4 Milliarden Dollar. 60 Prozent des Umsatzes entfielen auf Nord- und Südamerika. Das Unternehmen verfügt in Europa über drei Produktionsstätten in Frankreich und Spanien. 2004 hatten die Amerikaner die Kältetechnik der damaligen Linde AG übernommen, später aber die Fertigung in Deutschland eingestellt.
Mit dem nun beschlossenen Teilverkauf gegen Aktien und Barmittel geht das Kerngeschäft des regional aufgestellten Unternehmens Viessmann im Carrier-Konzern auf und erlangt eine deutlich höhere Kapitalkraft. Schnelleres Wachstum würde möglich, hieß es in Unternehmenskreisen. Letztlich zähle im globalen Wettbewerb irgendwann nur noch Größe und Stückzahl. «Durch den Zusammenschluss entsteht aus einer Position der Stärke heraus ein schnell wachsender Innovationsführer in einem hart umkämpften Markt», erklärte Firmenchef Max Viessmann, der auch einen Sitz im Carrier-Verwaltungsrat erhalten soll.
In der Massenproduktion sehen Experten allerdings die asiatischen Anbieter von Klimaanlagen im Vorteil, die mit Wärmepumpen in weiten Teilen bauähnlich sind und seit Jahrzehnten in extrem hohen Stückzahlen gebaut werden. Bekannte Anbieter sind Daikin, Mitsubishi (beide Japan), Midea (China) oder Samsung (Korea). In Deutschland fehlt ihnen bislang noch der Marktzugang über die Installateure.
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