Mit der Erholung der chinesischen Wirtschaft erwartet der Volkswagenkonzern in diesem Jahr wieder «beträchtliches Wachstum» auf seinem wichtigsten Markt.
China-Chef Stephan Wöllenstein rechnet damit, dass der Marktanteil steigen werde. «Es gibt gute Gründe, dass sich die Volkswagengruppe besser entwickeln kann als der Gesamtmarkt», sagte Wöllenstein am Mittwoch vor Journalisten in Peking. «Wir sehen positiven Schwung.» Fast jedes fünfte neu verkaufte Auto (19,3 Prozent) in China stammt heute vom VW-Konzern. Allerdings bremst der jüngste Mangel an Mikrochips die Produktion.
Der größte Automarkt der Welt soll nach den Erwartungen des Vizepräsidenten von Volkswagen in China, Rainer Seidl, in diesem Jahr ähnlich schnell wachsen wie die zweitgrößte Volkswirtschaft insgesamt. Experten sagten für China ein Wachstum von «mehr als acht Prozent» voraus. Mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie war der Absatz der Volkswagengruppe in China im vergangenen Jahr um 9,1 Prozent und der Automarkt insgesamt um sechs Prozent geschrumpft, während die Gesamtwirtschaft hingegen um 2,3 Prozent zugelegt hatte.
Mit strikten Maßnahmen hat China das Sars-CoV-2-Virus seit dem Sommer weitgehend in den Griff bekommen und verzeichnet nur noch lokal begrenzte Ausbrüche. Das Leben und die Wirtschaftstätigkeit haben sich wieder normalisiert. Auch der Automarkt zog zum Jahresende wieder deutlich an. «Ich bin fest davon überzeugt, dass China nicht nur Covid-19 wirklich überwunden hat, sondern mehr noch den kurzfristigen Abschwung, der mit den Handelsspannungen zwischen den USA und China 2018 begonnen hat», sagte Wöllenstein. Der Markt werde 2021 über das Niveau von 2019 vor der Corona-Krise hinauswachsen.
Wöllenstein beklagte allerdings einen «bedeutenden Mangel an elektronischen Teilen» durch die Verknappung von Halbleiter-Modulen, der zu verzögerten Auslieferungen führe. Im Dezember habe der Konzern in China deswegen schon 50.000 Autos weniger produziert. Die Probleme dürften im ersten Quartal anhalten und erst im zweiten Quartal überwunden werden. «Es lässt sich sehen, wie verletzlich heute Industrien sind, wenn nur ein Chip fehlt», sagte Wöllenstein. Volkswagen arbeite «Tag und Nacht», um die Probleme zu lösen. Es ändere sich jeden Tag. «Es ist wirklich ein Auf und Ab.»
Die Volkswagengruppe will auch vom starken Wachstum der Elektromobilität in China profitieren. Von 25 neuen Modellen in diesem Jahr werden 13 auch elektrisch betrieben. Obwohl der Gesamtmarkt schrumpfte, stieg der Absatz elektrisch und hybrid betriebener Autos (NEV) im vergangenen Jahr in China um 7,4 Prozent auf 1,15 Millionen. Bis 2025 will Chinas Regierung den Anteil der Elektroautos am Markt auf 20 Prozent steigern. Der Volkswagenkonzern strebt dann den Verkauf von 1,5 Millionen NEV-Autos an. Die Abkürzung NEV steht für New Energy Vehicle.
Die Einführung des vollelektrischen Stadtgeländewagens Volkswagen ID.4 in China ist nach den Worten Wöllensteins «der echte Start unserer elektrischen Ära in China». Er kommt in zwei Versionen als ID.4 Crozz und ID.4 X und soll dieses Jahr um drei weitere ID-Modell ergänzt werden. Mit 199.900 Yuan (umgerechnet 25.500 Euro) nach Abzug der Subventionen ist der ID.4 Crozz deutlich billiger als das in China produzierte und diese Woche erstmals ausgelieferte Model Y des US-Herstellers Tesla, das bei 339.900 Yuan (43.000 Euro) beginnt, wie die Finanzagentur Bloomberg berichtete. «Wir zielen auf Autos für Millionen, nicht Millionäre», sagte Wöllenstein.
Nach Jahrzehnten starken Wachstums war der chinesische Automarkt drei Jahre in Folge geschrumpft. Doch fördert die Regierung den Absatz wieder, was im zweiten Halbjahr zu starken Zuwachsraten geführt hat. Die Abhängigkeit der internationalen Autobauer vom chinesischen Markt wächst nach Ansicht von Experten. Der Anteil Chinas am weltweiten Volkswagengeschäft liegt nach Angaben Wöllensteins bei 30 bis 40 Prozent – und ist damit größer als der Anteil Chinas am globalen Automarkt mit 30 Prozent.
Ähnliche Beiträge
Aktivität in Chinas produzierendem Gewerbe weiter rückläufig
Italien erwartet 6,5 Millionen Urlauber aus Deutschland
Die Bahn braucht Milliarden – Wo soll das Geld herkommen?