23. November 2024

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Was die neuen EU-Sanierungsvorgaben für Eigentümer bedeuten

Das EU-Parlament hat grünes Licht für neue Sanierungsvorgaben gegeben. Damit soll Energie gespart und die Umwelt geschont werden – Hausbesitzer sollten jetzt die Bundesregierung im Blick behalten.

Das Europaparlament hat neue EU-Sanierungsvorgaben gebilligt, die dazu beitragen sollen, dass die EU ihre Klimaziele einhält. Der Energieverbrauch von Wohngebäuden soll so bis 2030 im Schnitt um 16 Prozent und bis 2035 um 20 bis 22 Prozent sinken. Für Gebäude, die nicht zum Wohnen gedacht sind, sehen die Vorschriften vor, dass 16 Prozent der am wenigsten energieeffizienten Gebäude bis 2030 und 26 Prozent bis 2033 renoviert werden müssen.

Im Dezember hatten sich Unterhändler des Parlaments und der ebenfalls beteiligten EU-Staaten auf das neue Gesetz geeinigt. Die Länder müssen das Vorhaben auch noch bestätigen, in den meisten Fällen ist das aber Formsache. Der Inhalt im Überblick:

Werde ich gezwungen, mein Haus zu sanieren?

Laut EU-Chefunterhändler Ciarán Cuffe gibt es grundsätzlich keine Verpflichtungen für einzelne Gebäude. Welche konkreten Auswirkungen die Vorgaben für Hausbesitzer und Wirtschaft haben, kommt vor allem darauf an, wie Deutschland diese umsetzt. Auf die Bundesregierung komme damit eine große Herausforderung zu, teilte der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie mit. Demnach muss genau geklärt werden, welche Gebäude wann saniert werden müssen. Für Bauunternehmen sei das wichtig, um langfristig ihre Kapazitäten einplanen zu können.

Die Vorgabe, dass der Energieverbrauch von Wohngebäuden bis 2030 um 16 und bis 2035 um mindestens 20 Prozent sinken muss, ist ein übergeordnetes Ziel. Sprich: Auch wenn bereits gut gedämmte Gebäude auf einen noch besseren Standard gehoben werden, trägt das dazu bei, dass die Ziele erreicht werden. Gut die Hälfte der Einsparungen soll aber durch die Renovierung von Gebäuden mit der schlechtesten Energieeffizienz erzielt werden. Das Bundesbauministerium wollte sich vorab nicht zu den Auswirkungen des Gesetzes äußern. Aus dem Wirtschaftsministerium hieß es, man werde den Umsetzungsbedarf prüfen. Die Bundesregierung habe sich dafür eingesetzt, dass es keine individuellen Sanierungspflichten von Wohngebäuden gebe.

Verliert mein Haus durch das neue Gesetz an Wert?

Auch das kommt darauf an, wie Deutschland die Richtlinie umsetzt. Kai Warnecke, Präsident des Eigentümerverbands Haus & Grund, sieht es als sehr ambitioniert, dass 50 Prozent der Einsparungen durch Arbeiten an besonders schlecht gedämmten Gebäude erreicht werden sollen. Dies werde viele Eigentümer finanziell überfordern. Sollte die Bundesregierung Mindeststandards einführen, die alle Gebäude erfüllen müssen, droht aus Sicht des Verbands ein starker Wertverlust bei zahlreichen Immobilien.

«Wir haben schon beim sogenannten Heizungsgesetz gesehen, dass Gebäude, die über fossil betriebene Heizungen verfügen, deutlich an Wert verlieren», sagt Warnecke. Die Bundesregierung sollte nicht den gleichen Fehler machen und äußerst bedacht vorgehen.

Wie teuer wird das Vorhaben?

Haus & Grund teilte unter Berufung auf Zahlen der Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen von 2022 mit, die 15 Prozent der ineffizientesten Gebäude in Deutschland entsprächen etwa 2,4 Millionen Wohngebäuden. Bereits für eine Teilmodernisierung dieser Gebäude könnten rund 17,2 Milliarden Euro im Jahr fällig werden. Bis 2030 entspreche das einem Gesamtaufwand von knapp 140 Milliarden Euro. Im Schnitt seien es knapp 60.000 Euro je Gebäude. Die EU-Staaten sollen laut Gesetz Maßnahmen ergreifen, dass finanziell schlechter gestellte Menschen Zugang zu Unterstützung bekommen. Cuffe teilte mit: «Die Mitgliedstaaten müssen EU-Mittel für bedürftige Haushalte zur Verfügung stellen.»

Die Bauwirtschaft sieht Möglichkeiten, über die Sanierung von ganzen Wohnblocks kostengünstig zu arbeiten. Wenn zeitgleich eine größere zusammenhängende Zahl von Wohnungen und Häusern renoviert werde, könnten Skaleneffekte eintreten, teilte der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie mit. Dadurch könnten die durchschnittlichen Kosten pro Wohneinheit sinken. Das sei wiederum die Grundlage für bezahlbare Mieten. Gleichzeitig kritisiert die Industrie, dass die Anforderungen des Vorhabens Neubauten teurer machten. Von dem Gesetz gingen kaum Impulse aus, die aktuelle Wohnungsbaukrise in Deutschland abzumildern.

Gibt es Ausnahmen?

Ja. Nach Angaben des EU-Parlaments können etwa landwirtschaftliche und denkmalgeschützte Gebäude von den neuen Vorschriften ausgenommen werden. Mitgliedstaaten können Gebäude auch von Verpflichtungen befreien, wenn sie unwirtschaftlich zu renovieren sind. Gleiches gilt für Bauwerke, die wegen ihres besonderen architektonischen oder historischen Wertes geschützt sind. Auch Kirchen und andere Gotteshäuser können von den Vorgaben ausgenommen werden. Laut EU-Kommission können die EU-Staaten beispielsweise auch Ferienhäuser von den Verpflichtungen befreien.

Welche weiteren Maßnahmen sind geplant?

Bis 2040 sollen keine Öl- oder Gasheizungen mehr verwendet werden. Das Parlament teilte mit, die EU-Staaten müssten zudem ab 2025 Subventionen für Heizungen mit fossilen Energieträgern wie Öl oder Gas einstellen. Anreize für hybride Systeme, etwa eine Kombination aus fossilem Heizen und einer Wärmepumpe, sollen aber weiter möglich sein.

Außerdem müssen auf öffentlichen Gebäuden und Nichtwohngebäuden ab 2027 schrittweise Solaranlagen installiert werden, sofern das technisch, wirtschaftlich und funktionell machbar ist. Darüber hinaus sollen ab 2030 nur noch Gebäude gebaut werden, die am Standort keine Treibhausgase aus fossilen Brennstoffen ausstoßen. Ausnahmen sind laut Kommission möglich.

Warum gibt es Handlungsbedarf?

Das Vorhaben geht auf einen Vorschlag der EU-Kommission zurück. Sie hatte diesen vor knapp zwei Jahren vorgelegt, etwa weil Gebäude ihren Angaben zufolge für rund 40 Prozent des Energieverbrauchs und rund ein Drittel der Treibhausgasemissionen in der EU verantwortlich sind. Wenn Häuser besser gedämmt sind oder moderne Heizungen verwendet werden, kann das den Energiebedarf senken und somit Energiekosten und die Umweltbelastung verringern.

Von Marek Majewsky und Lilli Kleine, dpa