Wegen beschädigter oder verlorener Sendungen haben im vergangenen Jahr deutlich weniger Bürger einen Antrag auf Schlichtungsverfahren bei der Bundesnetzagentur gestellt als zuvor. Man habe im vergangenen Jahr 3180 solcher Anträge erhalten und damit 15 Prozent weniger als 2021, teilte die Aufsichtsbehörde am Donnerstag in Bonn mit. 2019 hatte der Wert 1453 betragen und im Jahr danach 1861.
«Die Zahl der Schlichtungsanträge ist weiterhin hoch», sagte Netzagentur-Präsident Klaus Müller. «Das zeigt, dass bei Verbraucherinnen und Verbrauchern ein großer Bedarf für eine neutrale Anlaufstelle im Falle einer Auseinandersetzung mit einem Postdienstleister besteht.»
Der Rückgang ist etwas überraschend, da die separaten Beschwerden von Bürgern bei der Bundesnetzagentur im vergangenen Jahr einen Höchstwert erreicht haben. Allerdings ging es bei den Beschwerden, die ab Sommer 2022 anzogen, vor allem um die Briefzustellung, während es bei den Schlichtungsanträgen hauptsächlich um Pakete ging. Den Rückgang könne man «nicht eindeutig erklären», sagte eine Sprecherin der Bundesnetzagentur.
Mögliche Erklärungen für den Rückgang
Möglicherweise konnten sich einige Bürger nach ihren Beschwerden mit den Dienstleistern einigen und ihren Streit beilegen. Erst wenn es keine Einigung gibt, stellen Bürger einen Antrag auf Schlichtungsverfahren. Eine weitere Möglichkeit ist, dass vielen Bürgern die Beschwerde reichte, um ihrem Ärger Luft zu machen – und ein Schlichtungsverfahren ihnen die Mühe nicht wert war.
Seit März 2021 müssen alle in Deutschland tätigen Postunternehmen an den Schlichtungsverfahren teilnehmen. Vorher war das freiwillig – das hatte dazu geführt, dass einige Firmen nicht mitmachten. Seit fast zwei Jahren ist das Verfahren durch eine neue Verbindlichkeit aufgewertet.
In knapp der Hälfte der Schlichtungsanträge des vergangenen Jahres wurden Verlust oder Entwendung eines Sendungsinhalts moniert, in einem Viertel ging es um beschädigte Sendungen. Auch zu lange Wartezeiten und Unregelmäßigkeiten waren Themen.
Nach Angaben der Bundesnetzagentur richteten sich 81 Prozent der zulässigen Schlichtungsanträge gegen den Marktführer Deutsche Post DHL, 9 Prozent gegen Hermes, 4 Prozent gegen DPD und 3 Prozent gegen GLS. UPS lag bei knapp zwei Prozent.
Auch Schlichtungen bei Telekommunikationsanbietern
882 Schlichtungsverfahren endeten im vergangenen Jahr mit einer gütlichen Einigung. Bei 146 Anträgen auf Schlichtung verweigerte der Postdienstleister die Teilnahme am Verfahren, in 358 Fällen wurde der Antrag zurückgenommen. 1247 Schlichtungsanträge lehnte die Behörde ab, weil sie keine schlichtungsfähigen Tatbestände aufwiesen.
Neben den Post-Zahlen gab die Netzagentur am Donnerstag auch Zahlen zur Telekommunikationsbranche bekannt. In diesem Bereich gingen im vergangenen Jahr 2389 Anträge auf Schlichtung ein und damit 47 Prozent mehr als 2021. Es ging um die Inhalte von Verträgen, Störungen, verminderte Datenübertragungsraten und Rechnungsreklamationen.
Ende 2021 war ein Gesetz geändert worden, das die Position des Verbrauchers gegenüber seinem Telekommunikationsanbieter stärkte. Dadurch kamen neue Sachverhalte für die Schlichtung hinzu. Außerdem wurden die Anforderungen für die Eröffnung eines Schlichtungsverfahrens gesenkt – auch in diesem Bereich wurden die Schlichtungsverfahren also relevanter für Verbraucher als früher.
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