21. November 2024

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Zuckerberg weist Vorwurf von Facebook-Whistleblowerin zurück

Forderungen nach Entflechtung der großen Internetkonzerne werden nach Enthüllungen über Facebook lauter. Der stundenlange Ausfall der Dienste hat die Kritik weiter befeuert. Zuckerberg wiegelt ab.

Facebook gerät nach Vorwürfen einer ehemaligen Mitarbeiterin und einem stundenlangen Ausfall seiner Dienste immer mehr unter Druck.

In Europa gibt das Plänen neuen Auftrieb, die Marktmacht der großen Tech-Plattformen zu begrenzen. Facebook-Chef Mark Zuckerberg, der sich wochenlang bedeckt hielt, brach schließlich sein Schweigen und trat den Enthüllungen der Whistleblowerin Frances Haugens entgegen.

«Der Kern dieser Vorwürfe ist, dass wir Profite über die Sicherheit und das Wohlbefinden stellen. Das ist einfach nicht wahr», schrieb Zuckerberg in einer in der Nacht zum Mittwoch veröffentlichten E-Mail an die Mitarbeiter. Als Beispiel nannte er eine Änderung, mit der Facebook vor einigen Jahren anfing, Nutzern mehr Beiträge von Freunden und Familienmitgliedern statt populäre Videos zu zeigen. Facebook habe gewusst, dass Leute dadurch weniger Zeit bei dem Online-Netzwerk verbringen würden, es aber für den richtigen Schritt gehalten. «Würde ein Unternehmen, das auf Profite statt Menschen fokussiert ist, so etwas tun?», fragte Zuckerberg.

Diese Umstellung bei Facebook war das Thema eines der Medienberichte, die auf interne Informationen von Whistleblowerin Haugens zurückgingen. Demnach fanden Facebooks Datenforscher in einer Analyse heraus, dass gerade diese Änderung negative Nebeneffekte gehabt habe. So hätten aggressive Beiträge mehr Raum erhalten, weil sie im Bekanntenkreis geteilt worden seien.

Facebook-Gründer Zuckerberg verteidigte auch den vorläufig auf Eis gelegten Plan, eine Instagram-Version für Zehn- bis Zwölfjährige zu entwickeln. «Die Realität ist, dass junge Menschen Technologie nutzen.» Statt dies zu ignorieren, sollten Tech-Unternehmen Dienste entwickeln, die ihre Bedürfnisse erfüllten und zugleich für eine sichere Umgebung sorgten.

Haugen, die als Whistleblowerin auftritt, hatte kurz vor Zuckerbergs Replik bei einer Anhörung im US-Senat ausgesagt. Dort rief sie die Politik auf, das Online-Netzwerk zu mehr Transparenz zu zwingen. «Facebook formt unsere Wahrnehmung der Welt durch die Auswahl der Informationen, die wir sehen.» Dabei wisse bisher nur der Konzern, wie er den Newsfeed der Nutzer personalisiere.

Die 37-Jährige war rund zwei Jahre für Facebook und zuvor bei Google sowie der Fotoplattform Pinterest tätig. Für besondere Empörung sorgte in den USA ihr Vorwurf, Facebook habe aus internen Studien gewusst, dass Instagram der psychischen Gesundheit einiger Teenager schade – aber keine konsequenten Maßnahmen dagegen ergriffen. Zuckerberg kritisierte, die Studienergebnisse seien aus dem Kontext gerissen worden. Dabei sei ein «falsches Narrativ konstruiert worden, dass es uns egal ist».

Die Debatte nimmt auch in Deutschland Fahrt auf. So forderte Kulturstaatsministerin Monika Grütters eine Begrenzung der Marktmacht großer Plattformen. «Es zeigt sich ganz klar: Die Markt- und Meinungsmacht privater Plattformen und Netzwerke darf nicht ausschließlich dem Profit der Unternehmen folgen, sondern muss sich viel mehr am Gemeinwohl orientieren», sagte die in der Bundesregierung auch für Medien zuständige CDU-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur. «Gerade jetzt gilt es erst recht, die Marktmacht der großen Plattformen zu begrenzen und klare Regeln zu setzen, wann sie Inhalte entfernen müssen und dürfen.»

Hamburgs Datenschutzbeauftragter Ulrich Kühn forderte eine stärkere Regulierung der sozialen Netzwerke. Der Ausfall am Montag habe deutlich gemacht, wie sehr Facebook seine sozialen Netzwerke inzwischen verknüpft habe. «Dass alle großen Dienste – Facebook, WhatsApp und Instagram – zugleich betroffen waren, zeigt die enge Nähe dieser Produkte und deren immer größere Verschmelzung miteinander», sagte Kühn der «Augsburger Allgemeinen» (Mittwoch). Seine Behörde ist für Facebook in Deutschland zuständig, während in der EU federführend die irischen Datenschützer am Zug sind.

«Schwerer wiegen die fortwährenden Bestrebungen, die Dienste auch inhaltlich zu verzahnen und Daten aus einem Dienst für den anderen zu nutzen», sagte Kühn. Hier habe sich seine Behörde auf europäischer Ebene nicht durchsetzen können, die Benutzung personenbezogener WhatsApp-Daten für Facebook-Zwecke zu untersagen. Der Ausfall zeige auch, wie sehr Facebook in Europa entgegen anderen Verlautbarungen aus den USA betrieben werde. «Die scheinbare Eigenständigkeit der europäischen Anbieter Facebook Ireland Ltd. und WhatsApp Ireland Ltd. besteht vor allem auf dem Papier.»

Ein Fehler in den Netzwerk-Einstellungen hatte am Montag zu einem rund sechsständigen Ausfall bei Facebook und den Töchtern WhatsApp und Instagram geführt. Insbesondere jüngere Menschen reagierten darauf mit Frust, wie aus einer YouGov-Umfrage hervorgeht. Demnach fühlten sich 46 Prozent der 18- bis 24-Jährigen in ihrer Kommunikation eingeschränkt. Bei der Gesamtbevölkerung gab ein Viertel der Befragten an, sich eingeschränkt gefühlt zu haben.

Der Chef des Bundesverbands der Verbraucherzentralen, Klaus Müller, forderte eine Schnittstellen-Pflicht für Messenger-Dienste, so dass unterschiedliche Systeme zusammenarbeiten können. Dies würde die Kommunikation von Nutzerinnen und Nutzern verschiedener Dienste ermöglichen, «ohne etwa zwangsläufig zu WhatsApp wechseln zu müssen», sagte er der Funke-Mediengruppe. Die Anbieter hatten solche Ideen in der Vergangenheit unter Verweis auf unterschiedliche technische Plattformen und Verschlüsselungsmechsnismen zurückgewiesen.