Am Mittwoch will Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus den oder die neuen Eigentümer von Galeria Karstadt Kaufhof (GKK) am Konzernsitz in Essen öffentlich präsentieren. Offiziell ist zwar noch nichts bestätigt, aber nun ist bekannt, dass zwei alte Bekannte das Ruder der insolventen Warenhauskette übernehmen sollen.
Ein Konsortium aus der US-Investmentgesellschaft NRDC Equity Partners und dem Unternehmer Bernd Beetz will Galeria kaufen, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Verhandlungskreisen erfuhr. Zuvor hatte das «Handelsblatt» berichtet.
Nur eine Woche nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens kommt Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus der Rettung des Unternehmens damit einen Schritt näher. Dennoch gibt es in den nächsten Wochen noch einiges zu tun. Denkhaus und Galeria-Chef Olivier van den Bossche werden dabei viel Überzeugungsarbeit leisten müssen.
Bei den Beschäftigten der Warenhauskette könnte sich die Begeisterung für den neuen Eigentümer nämlich eher in Grenzen halten. NRDC gehört dem Unternehmer Richard Baker, der auch die Mehrheit an der kanadischen Handelskette Hudson Bay Company (HBC) hält. Das Unternehmen war – mit Baker an der Spitze – ab 2015 schon einmal Eigentümer von Kaufhof. Nach dem Kauf liefen die Geschäfte jedoch nicht rund, die Umsätze gingen zurück und Kaufhof schrieb unter dem Strich rote Zahlen. 2018 trat HBC schon wieder den Rückzug an. Die Signa-Gruppe des Unternehmers René Benko übernahm zunächst 50,01 Prozent des fusionierten Unternehmens Galeria Kaufhof Karstadt und 2019 dann alle Anteile.
Handelsexperte Hedde: Konzeptwechsel dringend erforderlich
Nicht nur Baker ist im Unternehmen ein bekanntes Gesicht. Beetz, der dem neuen Eigentümer-Konsortium ebenfalls angehört, war 2018/2019 Aufsichtsratschef von Kaufhof. Der heutige Galeria-Chef van den Bossche lenkte die Geschicke der Warenhaustochter unter dem Eigentümer HBC bis 2017. Das Wiedersehen mit Baker und Beetz ist also eine Zeitreise in die gar nicht allzu ferne Vergangenheit des Unternehmens.
Der Geschäftsführer des Handelsforschungsinstitut IFH, Boris Hedde, bescheinigt den Käufern zwar «eine Handelsaffinität». Ausländische Handelskonzepte einfach nach Deutschland zu überführen, kann aus seiner Sicht aber nicht erfolgreich sein. «Wir sind das Land des Discounts, das steht im Widersprich zu anglo-amerikanischen Ansichten», sagt Hedde. Konzepte aus dem Ausland seien hierzulande häufig gescheitert. Auch HBC habe sich vor einigen Jahren nicht ohne Grund aus Europa zurückgezogen.
Welche Rolle Baker und Beetz künftig spielen, ist bislang nicht bekannt. Offen sind auch andere Fragen: Warum soll es Baker diesmal gelingen, Galeria auf den Erfolgsweg zurückzuführen? Und mit welchem Konzept? Möglicherweise können die Investoren bei dem geplanten Termin am Mittwoch in Essen Antworten geben.
Handelsexperte Hedde hält einen Konzeptwechsel für dringend erforderlich. Mit einem reinen Versorgungssortiment könne Galeria nicht mehr erfolgreich sein. «Es geht nicht nur um Handel und Produkte, sondern darum, den Zielgruppen attraktive Angebote zuzuspielen.» Die Kunst bestehe darin, die Menschen zu motivieren, in die Innenstädte zu kommen und ihnen ein Erlebnis bieten. «Früher hatte Kaufhof mal die Initiative ‚Ab in die Mitte‘. Genau darum geht es auch heute noch. Wenn das umgesetzt wird, kann das langfristig Erfolg haben. Das kostet jedoch Geld und Zeit», sagt Hedde.
Geschlossene Filialen stehen oft jahrelang leer
Insolvenzverwalter Denkhaus wird in den nächsten Wochen versuchen, die Zweifel bei Gläubigern und Mitarbeitern zu zerstreuen. Das Gesamtpaket muss stimmen. Dafür wird entscheidend sein, wie viel von Galeria übrig bleibt. Der einstige Handelsriese ist in den vergangenen Jahren deutlich geschrumpft. Die Blütezeit der Kaufhäuser liegt Jahrzehnte zurück. Der Marktanteil liegt laut IFH nur noch bei 1,2 Prozent.
Anfang des Jahres schlossen die letzten Galeria-Filialen aus dem vorherigen Insolvenzverfahren. Aktuell gibt es nur noch 92. Sicher ist, dass weitere Standorte schließen werden. Wenn wie von Denkhaus anvisiert mindestens 60 Filialen bestehen bleiben, müssten rund 30 dichtmachen – mit weitreichenden Konsequenzen. Das gilt nicht nur für viele der 12.800 Mitarbeiter, die ihren Job verlieren könnten. Weitere Filialschließungen hätten auch Folgen für die betroffenen Städte.
Die Handelsberatung BBE hat die Auswirkungen von Galeria-Filialschließungen untersucht. Das Ergebnis der kürzlich vorgestellten Studie: Zwischen Schließung und Wiedereröffnung nach erfolgter Umnutzung liegen im Schnitt vier bis fünf Jahre. Mehr als 50 Prozent der 2019 und 2020 geschlossenen Kaufhäuser stehen immer noch leer. Ein Gebäude in Velbert, in dem bis 2009 eine Hertie-Filiale war, steht seit 15 Jahren leer. Der Umbau soll 2027 fertiggestellt werden. Andere Städte dürften froh sein, wenn ihnen das erspart bleibt.
Wie viele Filialen übrig bleiben, hängt vom Verhandlungsgeschick des Insolvenzverwalters ab. Bis Ende April will er die Gespräche mit den Vermietern abschließen und einen Insolvenzplan vorlegen. Die letzte Entscheidung über eine Übernahme trifft die Gläubigerversammlung, die am 28. Mai zusammenkommt, um über den Insolvenzplan abzustimmen. Bis dahin gibt es noch viel zu tun für Denkhaus.
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